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19.08.19 –
Braucht eine Stadt in der Größe von Oestrich-Winkel einen vom Stadtparlament gewählten hauptamtlichen ersten Stadtrat? Oder ist es effektiver, die überschaubare Verwaltung einer Person, nämlich dem Bürgermeister, zu überlassen und damit umständliche Organisationskonstrukte zur Befriedigung der politischen Interessen zweier Personen zu vermeiden? Das derzeitige Organigramm der Stadt Oestrich-Winkel erzeugt zumindest diesen Eindruck. Wir haben das nun in zwei Wahlperioden eines ersten Stadtrates erprobt. Überzeugend war das unserer Ansicht nach nicht und so stellt sich zu Recht die Frage nach der Sinnhaftigkeit.
Nun gibt es das Bürgerbegehren mit dem Ziel, unsere Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen zu lassen, ob sie einen politisch gewählten ersten Stadtrat wollen oder die damit verbundenen Verwaltungsaufgaben lieber in den Händen von Fachleuten der Verwaltung lassen wollen. Es waren CDU und FDP, die im April einen Antrag eingebracht hatten mit dem Ziel, die direkte Bürgerbeteiligung in verwaltungsinternen Abläufen und bei politischen Entscheidungen zu verbessern. Hier gibt es nun die Möglichkeit, diese bürgerschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Die Frage ist, ob das vorliegende Bürgerbegehren formal korrekt und damit zulässig ist, den damit angestrebten Bürgerentscheid durchzuführen. Dies zu klären liegen nun zwei Gutachten vor, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten zum Schluss kommen, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei.
Kritikpunkt 1 ist, dass im Kostendeckungsvorschlag nicht auf anfallende Kosten eines ehrenamtlichen ersten Stadtrates eingegangen wird. Dies wird allerdings im zweiten Gutachten nicht kritisiert. Dafür wird dort die nichtzutreffende Deckungsfähigkeit freiwerdender Personalausgaben für Sachinvestitionen kritisiert, wobei dies kein Grund zur Zurückweisung sei. Im Antrag 2008 zur Einrichtung des ersten Stadtrates wurde für die ehrenamtliche Ausübung der Aufgaben eines ersten Stadtrates Kosten von 6.100 € genannt. Dieser Betrag ist im Vergleich zu den Personalkosten eines hauptamtlichen ersten Stadtrates nahezu unerheblich. Insofern könnte diese Lücke bei einem Rechtsverfahren akzeptiert werden.
Kritikpunkt 2 ist, dass im Kostendeckungsvorschlag an einer Stelle die wegfallenden Kosten für den ersten Stadtrat genannt werden, ohne an dieser Stelle auf die Hauptamtlichkeit hinzuweisen. Dies ist meiner Ansicht nach aber akzeptabel, da die wegfallenden Kosten im Vordergrund stehen und zudem im gesamten Text des Bürgerbegehrens an allen 7 Stellen zum ersten Stadtrat bzw. zur ersten Stadträtin auf die Hauptamtlichkeit verwiesen wird. Insofern ist der Inhalt des Bürgerbegehrens zweifelsfrei erkennbar.
Kritikpunkt 3 ist, dass das Bürgerbegehren zum Zeitpunkt der Einführung eines hauptamtlichen ersten Stadtrates hätte gestellt werden müssen. Zur Frage eines hauptamtlichen Stadtrates gab es wohl in der Vergangenheit schon mehrere Bürgerbegehren, die rechtlich bzgl. der thematischen Zulässigkeit auch unterschiedlich bewertet wurden. Insofern ist die Rechtslage hierzu nicht so klar und eindeutig. Bei einer rechtlichen Überprüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Verbindung mit der konkreten Sachlage kann also auch durchaus eine Zulässigkeit erkannt werden. Tatsache ist aber auch, dass die Stadtverordnetenversammlung gegenüber 2008 umfangreich neu besetzt ist und ein Beschluss von vor 11 Jahren nicht mehr relevant sein muss. Zudem entsprechen die Aufgaben gemäß dem heutigen Organigramm der Stadt Oestrich-Winkel nur noch in Teilen dem, was im damaligen Antrag beschrieben wurde. Somit liegen 2019 neue Randbedingungen vor, womit sich das Bürgerbegehren auch gegen den aktuellen Beschluss richten kann.
Alleine die Unterschiedlichkeit der Begründungen in den beiden Gutachten zeigt, dass die rechtliche Bewertung nicht eindeutig ist und somit in einem Rechtsverfahren auch entgegen der Gutachten eine Zulässigkeit festgestellt werden könnte. Wir würden es darauf ankommen lassen. Die Fraktion der GRÜNEN ist in dieser Frage allerdings geteilter Ansicht, wobei eine Mehrheit das Bürgerbegehren unterstützt und einer Zulassung zustimmen wird. Damit wollen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern hierzu die Mitsprache zu ermöglichen.
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