GRÜNE kritisieren mangelndes Interesse an Innenentwicklung

GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Dr. Ute Weinmann kritisiert Bürgermeister Michael Heil (CDU), der erneut keine qualifizierte Bewerbung zur Aufnahme in das hessische Dorfentwicklungsprogramm einreichen will.

22.12.17 – von Dr. Ute Weinmann –

GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Dr. Ute Weinmann kritisierte in der Stadtverordnetenversammlung am 11. Dezember Bürgermeister Michael Heil (CDU), der erneut keine qualifizierte Bewerbung zur Aufnahme in das hessische Dorfentwicklungsprogramm einreichen will (Beschlussvorlage Nr. 2017/167).

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist ein sehr starkes städtebauliches Signal, das von dieser Beschlussvorlage ausgeht. Der Autor - Bürgermeister Heil selbst – hat sie sozusagen in „Windeseile“ verfasst, nachdem er vom Amt für den ländlichen Raum in Limburg-Weilburg Anfang November 2017 aufgefordert worden war, bis Ende Februar 2018 eine Bewerbung zur Aufnahme in das hessische Dorfentwicklungsprogramm vorzulegen. Offensichtlich wollte er das Thema „Innenentwicklung“ so schnell wie möglich wieder vom Tisch haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht erst heute können wir konstatieren, dass das Verfahren, mit dem das Stadtparlament bereits seit 2012 beschäftigt ist, von Anfang an blockiert wurde. Unsere seinerzeitige Recherche hatte ergeben, dass Oestrich-Winkel bereits 2014 auf der Prioritätenliste stand und auf Grundlage einer qualifizierten Bewerbung längst in das Dorfentwicklungsprogramm hätte aufgenommen werden können. Zunächst verhinderte der ehemalige Bürgermeister Weimann das Verfahren massiv. Danach hat auch der ihm folgende Bürgermeister Heil definitiv nichts unternommen, um die Chancen, die im städtebaulichen Dorfentwicklungsprogramm zu sehen sind, zu nutzen. Und dieser Prozess soll nun fortgesetzt werden.

Meine Fraktion Bündnis 90‘/DIE GRÜNEN wird der Beschlussvorlage des Bürgermeisters nicht zustimmen. Wir kritisieren, dass es bei Bürgermeister Heil – folglich auch bei CDU und FDP - nach wie vor am nötigen Problembewusstsein für eine Stärkung und attraktive Wiederbelebung der Ortskerne mangelt. Das mit der integrierten Dorfentwicklung verfolgte Ziel, innerstädtisches Wohn- und Flächenpotenzial optimal zu nutzen, weiteren Flächenverbrauch und Versiegelung einzuschränken, die Wohn- und Lebensqualität in den Ortskernen zu verbessern und somit auch den Einzelhandel, die Weingüter und die soziale Infrastruktur zu stützen und zu mobilisieren, interessiert den Bürgermeister und seine CDU nicht wirklich, allenfalls punktuell. Allein das innerstädtische (desolate) Erscheinungsbild unserer Kommune mit den zahlreichen denkmalgeschützten privaten Wohnhäusern wäre Anlass genug, sich endlich für das Programm stark zu machen.

Der Bürgermeister lehnt die Bewerbung für das hessische Dorfentwicklungsprogramm zum jetzigen Zeitpunkt ab und begründet das u.a. damit (siehe Vorlage), dass die Antragsfrist (4 Monate!) zu eng und die personelle Situation im Bereich der Bauverwaltung ausgeschöpft sei.

Uns überzeugen diese Gründe nicht! Das Programm hat einen langen parlamentarischen und administrativen Vorlauf. Deshalb kann man davon ausgehen, dass die quantitativen und qualitativen Bewerbungsanforderungen des Förderprogramms bekannt sind und eine Antragstellung innerhalb von 4 Monaten allemal geleistet werden kann.

Und was die immer wieder genannte angespannte Personalsituation im Bauamt betrifft, so hat meine Fraktion bei den aktuellen Haushaltsberatungen eine Personalaufstockung beantragt, weil im Verwaltungsbereich - Bauen und Stadtentwicklung – objektiv ein Aufgabenzuwachs stattgefunden hat, der mit dem aktuellen Personalbestand auf die Dauer nicht sachgerecht erledigt werden kann (MGH, Neubaugebiete, Städtebaulicher Denkmalschutz etc.). Dieser Antrag wurde im letzten HFA – insbesondere auf Betreiben der CDU und des Bürgermeisters – irrsinniger Weise abgelehnt. Seine Vorstellung, so vorgetragen im HFA, externe Fachexpertise zeitlich begrenzt einzuholen, ist unserer Ansicht nach nicht zielführend.

  Dabei ist es der Bürgermeister selbst, der nicht müde wird, die Fraktionen stets auf die prekäre Personalsituation in seiner Verwaltung (bedingt auch durch hohen Krankenstand) aufmerksam zu machen und in diesem Kontext darum bittet, diese Problematik bei allen Anfragen und Anträgen zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, es liegt auf der Hand, wohin das alles führen wird: Als Bewerberkommune für das hessische Dorfentwicklungsprogramm jetzt wieder nicht aktiv zu werden, bedeutet städtebaulich: Die historischen Ortskerne bleiben weiterhin vernachlässigt und private Eigentümerinnen und Eigentümer von Baudenkmälern erhalten über viele Jahre definitiv keine finanzielle Unterstützung für die umfangreich anstehenden Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen an ihren Wohnhäusern – jedenfalls keine Landesmittel im Rahmen dieses zukunftsorientierten Programms, das im Übrigen auf intensive Bürgerbeteiligungsprozesse rekurriert.

Natürlich ist es erfreulich, dass Oestrich-Winkel kürzlich in das Bund-/Länderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ aufgenommen wurde. Dieses Programm hat jedoch andere Schwerpunkte. Es eröffnet gemäß den identifizierten Projekten lediglich die Möglichkeit, einige im Ort befindliche repräsentative Gebäude (wie Nebengebäude des Brentano Hauses und dessen Garten, Bahnhof Mittelheim etc.) mit öffentlichen Mitteln zu sanieren. Private Denkmalbesitzer können an diesem Programm nur marginal partizipieren, mal ganz abgesehen davon, dass auch gesamtstädtische Perspektiven, Problemlagen in der Infrastruktur und Innenentwicklung sowie Energieeffizienz nicht zu den Zielen des Förderprogramms „Städtebaulicher Denkmalschutz“ zählen.

Angesichts dieser nicht optimistischen Aussichten für unsere Kommune appelliere ich an alle hier vertretenen Fraktionen, in größeren Zusammenhängen zu denken, den Beschlussantrag des Bürgermeisters gemeinsam mit uns GRÜNEN abzulehnen und stattdessen den Magistrat aufzufordern, sich bis Ende Februar 2018 qualifiziert um die Aufnahme in das Förderprogramm Dorfentwicklung zu bewerben.

Nur so können lebendige Ortszentren mit ihrem großen Angebot an historischen Wohnhäusern, Geschäften, Weingütern und Dienstleistungen - und mit kurzen Wegen im Ortskern entstehen und sich weiterentwickeln. Insbesondere Familien mit Kindern und ältere Menschen schätzen eine gute Infrastruktur und ein vielfältiges Angebot an Dienstleistungen mit kurzen Wegen im Ortskern.

Lassen Sie uns – so mein abschließender Appell - gemeinsam die Vorteile der aktiven Innentwicklung als Zukunftsaufgabe der Kommune kommunizieren und voranbringen – übrigens auch aus haushälterischen Gründen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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